LANDSITZE, FARBRÄUSCHE UND RIESENBÜSCHE - 11. Juni 2020

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Devon und Cornwall sind nicht nur Schauplätze von Rosamunde-Pilcher-Kitsch. Die berühmten Gärten im Südwesten Englands sind von Menschenhand gepflanzte Paradiese. Vor ein paar Jahren habe ich einige besucht und war begeistert. Auch wenn man derzeit noch nicht auf die Insel reisen kann, sollte so eine Gartenreise auf der Bucket List stehen.

„Verschied früher der Hausbesitzer, erschoss man auch seinen Hund und sein Pferd.“ Der Gärtner mit dem wettergegerbten Gesicht macht eine Kunstpause und schaut grinsend in die Runde. „Da der letzte Besitzer von Trengwainton keine Tiere besass, nur uns Gärtner, versteckten wir uns ganz schnell, nachdem er gestorben war“ fügt der Angestellte der bekannten Gartenanlage hinzu.


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Der Humor ist schwarz, der Wind ist rauh, aber die Gärten sind blühende Paradiese. Willkommen im Südwesten Englands, der einer breiten Öffentlichkeit vor allem durch die Romane von Rosamunde Pilcher bekannt ist. Doch die 19 Teilnehmer der Reise interessieren sich weniger für die Irrungen und Wirrungen der Pilcher’schen Paare, die sich am Ende auf stattlichen Landsitze fast immer in die Arme fallen. Sie sind wegen der berühmten Gärten hier, die Devon und Cornwall zu bieten haben. Insgesamt stehen zehn Anlagen in fünf Tagen auf dem Programm. Wer glaubt, dass nur alte Damen Gartenreisen buchen, irrt. Es sind auch einige Männer dabei, die meist ihre Frauen begleiten, und einer reist sogar allein. Alle lieben sie Pflanzen. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Für ein Paar um die 40 sind Gärten eine Art Kompensation, da sie weder Balkon noch Grün ums Haus haben. Und die Agrarwissenschaftlerin kann auch im Ruhestand von Pflanzen nicht lassen.

Statussymbol Park

Im weitläufigen Garten von Knightshayes Court, etwa 360 Kilometer von Dover entfernt, erscheinen die üppigen Rhododendronblüten aus der Entfernung wie Schaum. Und die Magnolienbüsche, typisch für den Südwesten, sind so riesig wie Bäume. Lohnenswert ist vor allem der Waldgarten, in den die ehemaligen Besitzer viele seltene Bäume setzen liessen. Heute kaufen sich die Reichen Jets, früher war ein Park voller exotischer Pflanzen ein begehrtes Statussymbol. Im 19. Jahrhundert war es schick, seltenen Setzlingen hinterherzujagen und dafür viel Geld zu zahlen.


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Auch der in den Nullerjahren renovierte Küchengarten, der zum englischen Landsitz dazu gehört wie der Dienstbotentrakt, ist einen Blick wert. Allein wegen der skurrilen Vogelscheuchen. Zwar scheint die Sonne, doch im Mai ist es in Devon noch kühl. Nach einer Stunden fröstelt sogar der hartgesottenste Hobbybotaniker. Jeder sehnt sich nach einer Tasse wärmendem Tee oder Kaffee, der hier für englische Verhältnisse erstaunlich gut schmeckt. Im Tearoom gibt es Sandwiches und Suppen, deren Zutaten biologisch angebaut wurden und meist aus dem Kräutergarten stammen.

Knightshayes Court ist heute im Besitz des National Trust, einer gemeinnützigen Organisation, die stattliche Anwesen, Schlösser und Gärten von Besitzern übernahm, welche die Kosten nicht mehr tragen konnten. Dank Mitgliedsbeiträgen und Spenden kann der National Trust einige Millionen pro Jahr in seine mehr als 200 Parks und Gebäude investieren und 600 Gärtner beschäftigen. Für viele Briten ist es ebenso selbstverständlich Mitglied beim National Trust zu werden wie Sonntage draussen im Grünen zu verbringen und mit einem Besuch im Gartencenter zu beschliessen. Natürlich verfügt Knightshayes Court ebenfalls über eine kleine Nursery, eine Baumschule, und auch einige der deutschen Gartentouristen können dem Angebot dort nicht widerstehen.


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Im Rhododendrontal

Trebah in Mawnan Smith ist für seinen Schluchtgarten bekannt. Aber auch für die Exzentrik eines früheren Besitzers. Charles Fox hatte das Grundstück 1838 gekauft und liess es akribisch mit Samen und Pflanzen aus aller Welt bestücken. Nichts überliess er dem Zufall. Den genauen Pflanzort legte er fest, indem er die Gärtner erst ein Holzgerüst in der zu erwartenden Baumhöhe aufstellen liess. Die Mühe hat sich gelohnt, Trebah ist ein verwunschenes Paradies, in dem man sich Tage lang aufhalten könnte. Im Rhododendrontal, deren Samen meist von Pflanzenexpeditionen in den 1890er Jahren stammen, blühte es in allen Nuancen von Rosa. In der Gunnera-Passage fühlt sich der Mensch ganz klein, wenn er unter den Blättern des Riesen-Rhabarbers hindurch spaziert. Und im Irrgarten möchte man wieder Kind sein und sich wenigstens eine Zeitlang verlieren.

Eine Gartenreise klingt nicht anstrengend, doch nach der Besichtigung von drei Parkanlagen und den Infos, die der Reiseleiter, ein studierter Gartenbauer, gibt, sowie nach vielen Kilometern Fussmarsch fällt die Reisende schon um 22 Uhr ins Bett. Pubbesuche fallen völlig flach.

Störender Sturm

Die Sonne scheint, doch ein heftiger Sturm fegt über den Südwesten hinweg als der Besuch der Insel St. Michaels Mount bei Penzance ansteht. Und so tanzen die kleinen Boote, welche die Besucher zur Miniaturausgabe des französischen Mont St. Michel bringen, geradezu auf den Wellen.


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Die mediterran bepflanzten Felsengärten, in denen Gärtner angeseilt arbeiten, sind berühmt. Doch an diesem Tag macht der Sturm einen Strich durch die Rechnung. Er lässt gewaltige Äste abbrechen und die Touristen werden abseits nach oben geführt. Dennoch gehört der Ausflug zu den Höhepunkten, allein schon wegen der beeindruckenden Lage im Meer. Die gut erhaltene Burg, in der es spuken soll, wird bereits in der 12. Generation von einer adligen Familie bewohnt. Allerdings gehört die Insel bereits seit 1954 ebenfalls dem National Trust. Dank Ebbe geht es zu Fuss zum Festland zurück.

Vor der Abreise steht ein Tag zur freien Verfügung. Vielen haben von Taschentuchbäumen und Kamelien noch nicht genug und besuchen das Eden Projekt, in dem verschiedene Vegetationszonen in riesige kugelförmige Gewächshäuser gezwängt wurden. Die anderen zieht in den berühmten Küstenort St. Ives. Bei Fish und Chips geraten die vielen Bilder der letzten Tage etwas durcheinander – wo war der neuseeländische Garten und wo gab es nochmals den Dschungel? Egal, Knightshayes Court und Co. waren beeindruckend. Das nächste Mal könnte man ja zur Rosenblüte in die Cotswolds fahren ….

Fotos: National Trust zvg

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Gartenträume Petra Gmainer